Plattenchaos mit Happy End
Zwei gezogene Festplatten, ein fast verlorenes 450-TB-RAID und die Rettung in letzter Minute.
Was wie ein Albtraum für jeden Admin klingt, endete dank Starline-Erfahrung, Areca-Präzision und einem Hauch Glück in einem Erfolg. Ein Lehrstück darüber, was echte Kompetenz bewirken kann – selbst 10 Jahre nach Ablauf der Garantie.

Die Ausgangslage
Unser Kunde aus dem Wiener Umland, hatte seinerseits einen Kunden, der auf einen Schlag Hunderte Terabyte Video-Content verlor. Ein Fall für Technik-Chef Dipl.-Ing. Konrad Beyer. Aber der Reihe nach.
Der Patient war ein RAID-Speichersystem von RAIDdeluxe, das für besagten Kunden im Jahr 2014 bei Starline gekauft wurde. Das solide 64 Bay RAID-System RDL-BS64S6D war bis zum folgenden Vorfall mit 32 Festplatten à 22 TB ausgestattet und es lief auch bis dato zuverlässig.
Und dann ereignete sich etwas, das nachträglich wie folgt detektivisch rekonstruiert werden konnte:
Der Vorfall
An einem Tag in 2025 wurden im laufenden Betrieb versehentlich zwei Platten aus dem RDL-BS64S6D herausgezogen und kurz darauf wieder eingesteckt. Man ging fälschlich davon aus, dass es sich um die beiden Ersatzplatten (Hot Spares) handelte. Tatsächlich war aber eine dieser Platten Teil des aktiven RAID-Verbunds, da sie zuvor unbemerkt bei einer automatischen Reparatur eingebunden worden war.
Nach dem Wiedereinsetzen zeigte das System zunächst „degraded“ (also beschädigt, aber noch lesbar), startete jedoch keinen Rebuild. Nach einem Neustart erkannte der Controller zwar alle Festplatten, ordnete sie aber nicht mehr dem RAID zu, sondern zeigte sie als „frei“ an. In der Folge erkannte er nur noch drei Platten als zum RAID gehörig, alle anderen galten als „missing“.
Mehrere Versuche, durch erneutes Einstecken oder Neustarten das ursprüngliche RAID zu rekonstruieren, führten nur dazu, dass der Controller mehrere unvollständige Teil-RAIDs mit demselben Namen anzeigte. Der gesamte Verbund ließ sich nicht mehr aktivieren. Hunderte Terabyte standen auf dem Spiel.
Zwar gab es ein LTO-Backup des gesamten Datenbestandes, das Zurückspielen der 450 TB von vielen Bändern hätte Wochen gedauert und damit unglaublich hohe Kosten verursacht. Und hier kam Starline in Person von Konrad Beyer ins Spiel: Das Ziel war es nun, das ursprüngliche RAID-Set wiederherzustellen, ohne die Daten zu verlieren.
Der Lösungsansatz
In einer kurzen Analyse ging unser Technikchef von Kosten im mittleren fünfstelligen Bereich aus, die im Falle einer professionellen Datenrettung zu Buche schlagen würden.
Er hielt jedoch auch einen Selbstversuch zur Wiederherstellung für möglich und lieferte umgehend – und noch am selben Tag – eine Schritt-für-Schritt-Anleitung. Denn Schließlich kennt Konrad Beyer den im RAIDdeluxe verbauten Areca-Controller wie seine Westentasche.
Zunächst warnte er aber ausdrücklich, dass jede weitere Veränderung – insbesondere Neustarts, Neuinitialisierungen oder das wiederholte Ein- und Ausstecken von Platten – die Situation verschlimmern würde. Denn durch die bis dahin durchgeführten Eingriffe waren die RAID-Metadaten auf den Platten bereits stark durcheinandergeraten. Das äußert sich darin, dass der Controller mehrere „RAIDsets“ mit demselben Namen anzeigte.
Die Anleitung
Konrad Beyer empfahl folgendes Vorgehen, um das RAID wieder funktionsfähig zu machen, das in exakt dieser chronologischen Abfolge durchzuführen war.
- System vollständig ausschalten.
- Es galt alle 30 zum ursprünglichen RAID gehörenden Platten einzustecken, wie es in der ursprünglichen Reihenfolge dokumentiert war. Es mussten also auch die beiden versehentlich gezogenen („faulen“) Platten enthalten sein.
- Die Hotspare-Platte, auf der ein automatischer Wiederaufbau begonnen hatte, sollte nicht eingeschoben werden.
- Das System war zu starten und zu warten, bis es vollständig hochgefahren war. Im Controller-Menü sollten alle vorhandenen RAIDsets mit gleichen Namen gelöscht werden.
- Anschließend war ein neues RAIDset mit genau diesen 30 Platten anzulegen.
- Und hier kommt der Trick: Der ITler sollte ein neues Volume erstellen – allerdings unbedingt ohne Initialisierung („No Init“) und mit den identischen Einstellungen wie das des zuvor vorhandenen RAIDsets (RAID6, Stripe Size, Blockgröße).
- Das System danach wieder herunterfahren und die beiden fehlerhaften Platten ziehen.
- System erneut starten. Das RAID sollte nun mit 28 aktiven Platten als „degraded“ erkannt werden.
- Falls das Volume nicht automatisch aktiviert wird, kann es über die Funktion „Activate Incomplete RAIDset“ manuell aktiviert werden.
- Schließlich das Volume nur lesend (Read Only) an den Host anbinden und prüfen, ob Daten sichtbar und konsistent sind.
Ingenieur Beyer wies abschließend noch darauf hin, dass dieses Verfahren nur als letzter Versuch durchgeführt werden solle. Jeder falsche Schritt – insbesondere Initialisierung oder falsche Reihenfolge der Platten – würde die Daten unwiederbringlich löschen.
Unser Kunde entschied sich für den vom Experten vorgeschlagenen Ansatz mit der „NoInit“-Methode.
Ein Versuch
Nach dem Einsetzen der Platten in den ursprünglichen Positionen wurde also das RAID ohne Initialisierung aufgebaut. Nach dem Start meldete der Host das Volume sofort korrekt als aktives NTFS-Laufwerk: Vollständig und fehlerfrei. Ein Test mit Prüfsummen bestätigte: alle Dateien waren intakt. Das System lief nun wieder stabil, und die geplante Migration konnte fortgesetzt werden.
Unser Fazit
Der gesamte Vorgang zeigt ein bemerkenswertes Beispiel für kompetenten, engagierten und praxisnahen technischen Support – weit über das übliche Maß hinaus. Trotz eines äußerst komplexen Ausgangsproblems, gelang es unserem Support, eine präzise Analyse der RAID-Situation vorzunehmen und einen klar strukturierten Wiederherstellungsplan zu entwickeln.
Hervorzuheben sind noch die Kosten für diesen Support, der mehrere Jahre nach Ablauf der Garantie geleistet wurde: 0 €! E-Mail-Support für Stammkunden ist schließlich kostenlos. Starline-Ehrensache sozusagen.
